Mittwoch, 17. Februar 2010

Der diskriminierende Bindestrich

Der diskriminierende Bindestrich Teil 1: Der feine Unterschied

Den akribischen Juristen unter den Lesern dieses Newsletters wird nicht entgangen sein, dass das DSG per 1.1.2010 nicht nur durch die DSG-Novelle BGBl I 133/2009 geändert wurde, sondern gleichzeitig auch durch BGBl I 135/2009, das in § 48a Abs 5 die Wortfolge „Ehegatten“ durch die Wortfolge „eingetragene Partner“ ersetzt. Der Hintergrund ist – erraten – wieder das von mir besonders geliebte Partnerschafts-Gesetz. Dieses enthält, wie mich ein Leser aufmerksam machte, eine Diskriminierung, die Ihresgleichen sucht und die auch massive Auswirkungen auf sämtliche Datenbanken enthalten könnte, die Namen von Personen enthalten (also etwa jede Kundendatenbank eines Unternehmens). Auslöser ist das zweitkleinste Zeichen auf der Tastatur, der Bindestrich:

§ 93 Abs 2 ABGB bestimmt, dass es Ehegatten möglich ist, „bei der Führung des gemeinsamen Familiennamens diesem seinen bisherigen Familiennamen unter Setzung eines Bindestrichs zwischen den beiden Namen voran- oder nachzustellen.“

Das neue Partnerschafts-Gesetz hingegen ermöglicht es laut § 7 gleichgeschlechtigen Paaren von Haus aus hingegen schlicht nicht, einen gemeinsamen Familiennamen zu führen, jeder Partner behält seinen bisherigen Namen bei. Aufgrund einer Änderung in § 2 Abs 1 Z 7a Namensänderungsgesetz können die Partner aber einen extra Antrag stellen, den gleichen Namen zu bekommen und „damit kann auch der Antrag verbunden sein, als höchstpersönliches, nicht ableitbares Recht seinen bisherigen Nachnamen voran- oder nachzustellen“.

Fällt Ihnen der feine Unterschied auf? In der Bestimmung bei den Partner fehlt die Wortfolge „unter Setzung eines Bindestrichs zwischen den beiden Namen“. Das bedeutet, dass gleichgeschlechtige Paare, die einen Doppelnamen führen, daran für jedermann zu erkennen sind, dass sie keinen Bindestrich zwischen Vorname und Nachname haben. Früher (zB ab 1938) hat man noch extra rote Stempel angefertigt, um die Bürger in Papierkarteien wegen irgendeiner ungewünschten Eigenschaft „abzustempeln“, heute lässt man dezent einen Bindestrich weg, um zu diskriminieren.

Was das für Auswirkungen auf das Datenschutzrecht haben könnte? Nach § 4 Z 2 DSG 2000 sind Daten über das Sexualleben sensible Daten. Die Verarbeitung sensibler Daten ist nach § 18 Abs 2 Z 1 DSG 2000 vorab kontrollpflichtig. Wenn aus dem fehlenden Bindestrich in Doppelnamen die sexuelle Orientierung des Namensträgers abgeleitet werden kann, dann wäre schon die Speicherung des Namens selbst vorabkontrollpflichtig, dh sämtliche Kundendatenbanken, die bisher bloß einfach meldepflichtig waren, wären beim DVR nochmals zur Vorabkontrolle Nachzumelden. Wenn man das so interpretiert - siehe dazu aber gleich den nächsten Punkt.


Der diskriminierende Bindestrich Teil 2 oder wie man zur Schwester seines Ehegatten wird

Eine Mandantin von mir, der ich beiläufig mitgeteilt habe, dass man aus ihrem spanischen Doppelnamen (der ohne Bindestrich geschrieben wird) nun in Österreich falsche sexuelle Schlüsse über sie ziehen könnte, hat mir gleich die nächste Bindestrich-Diskriminierungsgeschichte geschickt, die eigentlich unter die Rubrik „Skurriles“ gehört. Sie hat mir erlaubt, ihren Fall mit abgeändertem Namen zu bringen: Sie ist mit einem Kolumbianer verheiratet, den wir abgewandelt Carlos Ferrero Cadiz nennen. In Lateinamerika steht Ferrero für den Familiennamen des Vaters und Cadiz für den der Mutter, womit erkennbar ist, wer Vater und Mutter von Carlos sind. Als sie vor 10 Jahren in Österreich heiratete, wurde sie darauf aufmerksam gemacht, dass aufgrund des fehlenden Bindestrichs Ferrero Cadiz nicht als Doppelname gilt sondern nur gemeinsam weitergegeben werden kann. Denn ohne Bindestrich kein Doppelname und so keine Teilung, um den Namen kürzer zu machen, der gemeinsam mit ihrem Mädchennamen als neuer Doppelname zu lang wäre, um ihn auf irgendwelche Formulare zu bringen. Hätte Carlos nicht ihren Namen annehmen können, um das Problem zu lösen? Durfte er nicht, denn Kolumbianern ist es nicht erlaubt den Namen zu wechseln. Um nicht jeder seinen Namen behalten zu müssen, nahm sie den Namen Ferrero Cadiz an.
Im lateinamerikanischen Raum ist sie durch Annahme seines Namens nun Doris, Tochter der Familie Ferrero väterlicherseits und Tochter der Familie Cadiz mütterlicherseits und somit hat sie nicht nur zusätzliche Eltern gewonnen und 4 weitere Brüder, sondern wurde gleichzeitig auch noch die Schwester ihres Mannes! Und wenn sie vom Familienurlaub nach Österreich zurückkommt, könnte sie hier als lesbisch eingestuft werden.

Somit lässt ein Doppelname ohne Bindestrich auch Rückschluss auf die ethnische Herkunft, was aber bei jedem Namen der Fall sein könnte. Dem entsprechend ist zu hoffen, dass niemand auf die Idee kommt, ernsthaft zu verlangen, dass nun alle Kundendatenbanken beim DVR als vorabkontrollpflichtig zu registrieren sind. Nur dann, wenn man allerdings die Kunden nach dem Kriterium Bindestrich bewusst sortiert oder nach bestimmten Ethnien der Namen, um sie zB für Werbesendungen zu segmentieren, wäre der Zweck der Datenverarbeitung darauf gerichtet und es läge wohl die Verarbeitung sensibler Daten vor, die vorabkontrollpflichtig wäre.

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