Mittwoch, 17. Februar 2010

Wissenswertes & Skurriles

- Wissenswert: Der Oberste Gerichtshof hat ein weiteres Urteil in Sachen Bonitätsdaten gefällt, 6 Ob 247/08d vom 19.12.2009: Die Geschichte ist geradezu rührselig: Ein Konsument wird dabei erwischt, wie er angeblich auf dem Müllplatz seinen Müll neben die Mülltonne stellt. Die EUR 100,-- Strafe will er nicht bezahlen, sondern es auf einen Prozess ankommen lassen. Dieser wird ihm aber nicht gemacht, sondern ein Inkassobüro treibt die Forderung trotz seines Widerspruchs bei ihm ein. Die offene Forderung wird in einer Bonitätsdatenbank eingetragen, was dazu führt dass er, als er einige Zeit später für seinen Sohn ein Handy anmelden will, ihm der Mobilfunkvertrag aus Bonitätsgründen verweigert wird. Der VKI klagt für ihn immateriellen Schadenersatz für die Bloßstellung ein und gewinnt in 1. Instanz EUR 750,-- immateriellen Schadenersatz. Der OGH hat diese Entscheidung nun bestätigt, was vom Ergebnis her in diesem konkreten Fall nachvollziehbar war, inhaltlich aufgrund der Argumentation des OGH aber wieder unübersehbare Konsequenzen für die Bonitätsdatenverarbeitung in Österreich hat. Eine weitere Entscheidung des OGH ist im Busch, bei der der OGH diffiziler geurteilt haben dürfte.

- Skurril: Die öst. Regierung startet einen neuen Versuch, Verwaltungsgerichte in Österreich einzuführen. 1 Bundes- und 9 Landesverwaltungsgerichte sollen eine größere Zahl von Spezialbehörden ersetzen, die abgeschafft werden sollen. Unter diesen die Datenschutzkommission, das Bundesvergabeamt, der Oberste Patent- und Markensenat, die Oberste Disziplinarbehörde der Anwälte, Notare und Ziviltechniker etc. etc. Es gibt einen Gesetzesentwurf, der kürzlich in Begutachtung gegangen ist: http://ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Begut&Dokumentnummer=BEGUT_COO_2026_100_2_586235 . Die in diesem Entwurf enthaltenen „Abschlachtungen“ der Spezialbehörden ist dermaßen oberflächlich und grob, dass ich den Entwurf unter die Rubrik „skurril“ gestellt habe: Der Entwurf lässt etwa völlig offen, was nach Abschaffung der DSK mit dem Datenverarbeitungsregister passiert, wer die Ombudsmannfunktion übernimmt oder wer dann Anträge auf internationalen Datenverkehr genehmigt – übernimmt diese Aufgaben dann auch dieses Gericht?!

- Wissenswert: Die fünfjährige Amtsperiode der Mitglieder der Datenschutzkommission endet diesen Sommer, die DSK ist dadurch neu zu besetzen, wobei Wiederbesetzungen möglich sind. Eine konkrete Wiederbesetzung ist seit der DSG Novelle 2010 leider jedenfalls unzulässig: Nach einer Ergänzung in § 36 Abs 6 endet die Mitgliedschaft der DSK – Mitglieder am 31. Dezember des Jahres, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden. Laut Wikipedia (die sozialen Netzwerke verschonen niemanden: http://de.wikipedia.org/wiki/Waltraut_Kotschy) befindet sich Frau MR Dr. Kotschy, das geschäftsführende Mitglieder der DSK, die schon am 1. 1. 1980 „Gründungsmitglied“ der DSK war, bereits im 66. Lebensjahr. Sie kann aber noch bis 30. Juni im Amt bleiben, denn die Ergänzung in § 36 Abs 6 tritt nach § 60 Abs 6 erst am 1. Juli in Kraft. An diesem Tag kommt der Bundesregierung 30 Jahre Erfahrung und Spezialwissen im Datenschutzrecht abhanden, hoffentlich geht das Wissen der „Grande Dame des Datenschutzes“ der Öffentlichkeit aber durch künftige Vorträge und Publikationen nicht verloren – mi 66 Jahren fängt das Leben an, um es mit Udo Jürgens zu sagen. Es bleibt zu Hoffen das Ihr(e) Nachfolger(in) weiterhin für Kontinuität sorgt.

- Wissenswert: Da laut einer Umfrage bereits 60% der öst. Internetnutzer auch in sozialen Netzwerken aktiv sind, hat die Arbeiterkammer eine sehr interessante Studie zu diesen veröffentlicht, in der die AK Facebook & Co auf Datenschutz hin abgetestet hat: http://www.arbeiterkammer.at/bilder/d115/SozialeNetzwerke.pdf

- Wissenswert: Achtung bei „Tell-a-friend“ – Funktionen auf Webseiten: Die beliebte Funktion auf Webseiten, dass man seinen Freunden über die Webseite einen Hinweis zu dieser schicken kann, wurde einem deutschen Unternehmen zum Verhängnis: Das Landesgericht Berlin urteilte, dass der, der die Webseite so einrichtet, für diese Funktion und dadurch verursachtes Spamming auch haftet und sich nicht damit ausreden kann, dass er ja nicht kontrollieren könne, wer dann wem eine Email über seine Seite schickt. So ein Urteil wäre auch in Österreich nicht auszuschließen! http://www.orf.at/?href=http%3A%2F%2Fwww.orf.at%2Fticker%2F357355.html

- Skurril: Bei der Deutschen Telekom gibt es weitere Datenschutzvorfälle: Nach zwei Jahren Untersuchung liegt laut Medien ein Bericht vor, der 84 Vorgänge bei der DT als kritisch einstuft! http://futurezone.orf.at/stories/1638919/


- Sehr skurril: Das neue längste Wort Österreichs: Der letzte Beitrag in dieser Rubrik kommt heute aus unserer Kanzlei selbst, es ist ein Wort, auf das wir bei unserer Arbeit für Mandanten gestolpert sind: Bisher galt das Wort "Donaudampfschifffahrtsgesellschaft" als längstes Wort in Österreich (es gibt dann noch Verlängerungen dieses Wortes mit –türschlüssellochschildputzer, die sind aber keine wirklich „amtlichen“ Wörter). Dieses wurde nun abgelöst durch die "Berufsreifeprüfungscurriculaverordnung" (BGBl 2010 II 40), ein Wort mit 38 Buchstaben und damit 4 mehr als die "Donaudampfschifffahrtsgesellschaft". Offensichtlich eine Leseübung, denn die Verordnung stammt vom Unterrichtsministerium. Die Abkürzung für dieses Wortungetüm kann sich ebenfalls sehen, aber ebensowenig aussprechen lassen: BRPCV.

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