Mittwoch, 17. Februar 2010

Steuerdaten und Datenschutz

In den letzten Wochen wurde ich wiederholt auf das Thema „Steuersünder-CD“ angesprochen, also die Frage, ob auch Österreichs Regierung Daten über Bankkonten aus der Schweiz kaufen darf oder nicht. Da ich leider kein Konto in der Schweiz habe, kann ich unbefangen ein paar Gedanken dazu äußern:

1. Es sollte dadurch, dass Staaten gestohlene Steuerdaten aus Banken kaufen, nicht der Eindruck erweckt werden, dass dies insbes. für Bankmitarbeiter nun die Möglichkeit bietet, schnell reich zu werden: Wer in der Absicht, sich (etwa durch Verkauf) einen Vermögensvorteil zu verschaffen, Daten, die ihm ausschließlich auf Grund seiner berufsmäßigen Beschäftigung anvertraut oder zugänglich geworden sind (zB als Bankmitarbeiter), einem anderen (etwa einem "Datenhehler", dem Staat direkt oder auch einem angeblich "zufälligen" Finder) zugänglich macht, kann mit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe belangt werden. Dies trifft auch alle Mittäter und es ist bereits der Versuch strafbar.
Durch die DSG Novelle 2010 ist diese Strafbestimmung in § 51 DSG seit 1. Jänner nicht erst nach Ermächtigung des Verletzten, sondern als Offizialdelikt in jedem Fall vom Staatsanwalt zu verfolgen. Überdies könnte die betroffene Bank gegen Ihren Mitarbeiter den entstandenen Schaden (der etwa durch Kunden- und Imageverlust entstanden ist) vor Gerichten einklagen.

2. Die Betroffenen Unternehmen, deren Daten Missbraucht werden, müssen seit 1. Jänner überlegen, ob sie sämtliche möglicher Weise betroffenen "Steuersünder" aktiv von sich aus informieren, denn mit § 24 Abs 2a DSG 2000 wurde durch die Novelle eine sog. neue "Data Breach Notification Duty" eingeführt, eine Informationspflicht an die Betroffenen über Datenmissbrauch. Die Liechtensteiner Fürstenbank LGT hat dies nicht getan, nachdem deren Daten von einem Ex-Mitarbeiter an den deutschen Bundesnachrichtendienst verkauft wurden. Ein Steuersünder hat sie daher geklagt mit dem Argument, dass er durch eine rasche Information der Bank die Möglichkeit gehabt hätte, sich selbst anzuzeigen und dadurch eine Strafmilderung in seinem Steuerverfahren zu erreichen, was ihm nicht gelang. Er erhielt angeblich in 1. Instanz EUR 7,3 Mio Schadenersatz zugesprochen: http://www.orf.at/?href=http%3A%2F%2Fwww.orf.at%2Fticker%2F357355.html
3. Einige Wortmeldungen bei der Veranstaltung zum 4. Europäischen Datenschutztag am 28.1. im Bundeskanzleramt haben darauf hingewiesen, dass das weitgehend fehlende Beweisverwertungsverbot bei den österreichischen Gerichten diskutiert werden muss. Dieses führt leider immer häufiger dazu, dass Daten - etwa auch im Arbeitnehmerbereich - bewusst missbräuchlich erfasst und ausgewertet werden und den Gerichten als Beweismaterial vorgelegt werden. Der dadurch erzielbare Erfolg bei Gericht wird dem drohenden Straf- und Regressrisiko gegenübergestellt und wenn der erzielbare Erfolg höher ist als das Risiko, dann wird das Grundrecht auf Datenschutz verletzt und durch Datenmissbrauch Beweismittel produziert, die die Gerichte "gerne" entgegennehmen.

4. Die Betroffenen haben auch nach DSG selbst einen eingeschränkten Rechtsschutz gegenüber dem Staat haben: Möchte ein Bürger etwa wissen, ob über ihn Daten auf einer solchen vom Österreichischen Staat gekauften CD enthalten sind, könnte ihm die Republik diese Auskunft nach § 26 Abs 2 Z 4 DSG 2000 verweigern mit dem Argument, dass der Schutz "wichtiger wirtschaftlicher oder finanzieller Interessen der Republik" seinem Auskunftsrecht vorgehen.

5. Zur Debatte, ob ein Staat als Käufer solcher Steuersünder-CDs auftreten sollte, erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dass JEGLICHE Datenverarbeitung (also auch die Auswertung so einer CD durch den Staat) nach § 7 Abs 3 DSG 2000 nur dann und insoweit zulässig ist, als die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz "nur mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen". Fraglich ist daher, ob der Staat nicht andere, gelindere Mittel hat (nämlich die in den Steuergesetzen vorgesehenen), um die Steuergebahrung seiner Bürger zu kontrollieren, oder ob er dafür unbedingt ein Grundrecht verletzen muss.

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